Eine 45-jährigen Patientin vor kämpfte seit zwei Jahren mit eher unspezifischen Ängsten und Panikattacken. Ihren Aktionsradius und soziale Kontakte hatte sie bereits eingeschränkt. Ihre Therapeutin entschied sich für Expositionen in Virtual Reality, um die Ängste direkt in der Therapiestunde erlebbar zu machen und genauer zu spezifizieren.
In diese Beitrag lesen Sie, wie virtuelle Therapieszenarien rasch die Angst der Patientin aktivierten und ihr halfen, die Lernerfahrung auch erfolgreich in den Alltag zu übertragen.
Beitragsübersicht
In unserer Reihe “Der VR-Effekt” stellen wir Ihnen anonymisierte Fallbeispiele aus der psychotherapeutischen Praxis in Interviewform vor. So erhalten Sie einen Einblick, wie genau virtuelle Therapieszenarien bewährte Methoden der Psychotherapie unterstützen können.
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Wie war die Ausgangssituation bei Ihrem:Ihrer Patient:in, von dem Sie hier berichten?
“Die 45-jährige Patientin berichtete seit etwa 2 Jahren von Angst vor leichten/mittelgradige Panikattacken in unterschiedlichsten Situationen: Menschenmenge, Höhe, Nähe, Unterführungen, aber auch unspezifische Angstattacken vermutlich bei Überforderung, Diagnose nach ICD-10: F41.0 G. Die Patientin war irritiert und verunsichert. Sie hatte ihren Aktionsradius in den letzten Monaten eingeschränkt, was zu familiären Konflikten führte. Gleichzeitig zeigten sich berufliche Unzufriedenheit und zunehmende Konflikte am Arbeitsplatz mit Wunsch nach Arbeitsplatzwechsel.”
Warum haben Sie Virtual Reality als Behandlungstool gewählt? Was wäre die Alternative gewesen und wieso haben Sie sich nicht für die Alternative entschieden?
“Die beschriebenen (Anflüge von) Panikattacken waren zunächst sehr unspezifisch. Ich nutzte virtuelle Therapieszenarien damit sich die Patientin über verschiedene Situationen hinweg ausprobieren konnte. Die Erfahrungen in Virtual Reality waren diagnostisch sehr wertvoll um passgenaue Situationen auswählen zu können. In der Realität wären Situationen wie Menschenmenge im ländlichen Raum in vivo kaum umsetzbar gewesen. Die Einfachheit der Angstaktivierung und die Zeitersparnis in der Therapiegestaltung waren überzeugend.”
Wie sind Sie in der Verwendung von VR genau vorgegangen (Vorbereitung, Verwendung, Nachbereitung) und was waren die Ergebnisse für den Patienten & Sie?
“Begonnen haben wir klassisch mit Psychoedukation zur Entstehung von Angst, Angstkreislauf und Rolle von Sicherheits- und Vermeidungsverhalten mit Erarbeitung eines individuellen Erklärungsmodells. Mithilfe der interozeptiven Übungen ließ die Angst nach. Das konnte sie jedoch noch nicht in die Realität übertragen, was für die Patientin noch unzufriedenstellend war. Die Nutzung der virtuellen Realität stellte eine Möglichkeit dar, dass sich die Patientin mit Situationen wie Höhe, Menschenmengen, Nähe, Unterführungen beginnend auseinandersetzen konnte bzw. testen konnte welche Situationen potenziell angstauslösend sind. Das gelang bei moderatem Angstniveau bis max. 5/10. Darauf aufbauend konfrontierte sich die Patientin mit diesen Situationen unter Vorbesprechung zunehmend real (Fahrten S-Bahn, U-Bahn, Menschenmengen im Urlaub etc.). Sie war überrascht vom doch händelbaren Angstniveau bis max. 5-7/10, suchte in der Folge immer wieder einen “Kick” und baute nach Absprache Sicherheits-und Vermeidungsverhalten gezielt ab. Die Alternative Exposition in vivo wäre im ländlichen Raum in dieser Dimension nicht möglich gewesen. Im Verlauf waren Panikattacken händelbar und der Therapiefokus konnte verändert werden hin zu Selbstfürsorge und Ausbau sozialer Kompetenzen. Interozeptive Übungen, körperliche Belastung sowie Konfrontation in vivohaben wir begleitend weitergeführt und die Angstintensität sank kontinuierlich weiter.”
Was hat sich für Sie in der Arbeit mit Virtual Reality besonders bewährt?
“Am Anfang lege ich Wert auf die Aufklärung und Betonung der Möglichkeit von Nebenwirkungen wie “motion sickness”. Danach erprobe ich gerne eine Entspannungssituation um der Patientin die Bedenken vor der Technik zu nehmen, was hier überraschend schnell gelang. Dann konnten wir schrittweis die aufzusuchenden exponierten Situationen besprechen und Störfaktoren kontrollieren. Die Patientin erlebte es sehr hilfreich, die Situationen mitbestimmen zu dürfen, damit wurde sie zunehmend “mutiger” in der virtuellen Exposition und im Nachgang in der Expo in vivo.”
Wozu nutzen Sie die VR-Brille vor allem? Was hat sich dadurch für Sie verändert?
“Einerseits nutze ich die VR-Brille gerne zum Therapiestart wenn Patienten sehr ungeordnet und von vielen unterschiedlichen Themen bewegt zum Termin erscheinen. Eine Fokussierung auf das relevante Thema gelingt dann häufig besser. Andererseits nutze ich Virtual Reality für den Übergang von der “Theorie zur Praxis”, um Expositionen in vivo vorzubereiten bzw. wie im beschriebenen Falle die Patienten bei der eigenständigen Expo in vivo zu begleiten. Der Transfer in die Realität wird für die Patienten “erlebbar” und macht ihnen Mut sich unter kontrollierten Bedingungen auszuprobieren und in ihren Alltag realistisch zu übertragen. Überraschend ist die Schnelligkeit der Angstaktivierung bei geringem Zeitaufwand und die kreative Nutzbarkeit für Entspannung und Diagnostik.”
Konkret: Welche Videos nutzen Sie am Meisten?
“Am häufigsten nutze ich das Material zu spezifischen Phobien: Menschenmenge, Höhe, Tunnel, Autofahren) oder Entspannung-Szenarien in der virtuellen Natur.”
Was würden Sie einem:einer Kolleg:in sagen, der:die sich für Virtual Reality interessiert?
“Ich würde unbedingt raten, ein Onlineseminar zu besuchen. Dabei kann man sich mit anderen Interessierten austauschen, mögliche Anwendungsmöglichkeiten und Probleme diskutieren bzw. sich weitere Anregungen zu holen. Sobald man dann die VR-Brille in den Händen hält, zunächst einmal einiges selbst auszuprobieren und nach und nach mit Patienten in die Thematik zu starten.”
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