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Virtual Reality-Brillen kommen in immer mehr psychotherapeutischen Praxen und psychiatrischen Kliniken zum Einsatz, vor allem in der Angsttherapie. Denn in Virtual Reality lassen sich auf Knopfdruck genau die Situationen herstellen, die für die Patient:innen gerade gebraucht werden – eine enorme Arbeitserleichterung für Therapeut:innen. In diesem Artikel lesen Sie, welche Rolle Virtual Reality künftig in der Psychotherapie spielen wird und warum es sich lohnt, sich jetzt mit dieser Technologie zu beschäftigen.
„Wie er mich anschaut! Er meint genau mich, er sieht mich!“ Andrea trägt eine Virtual Reality-Brille. Darin erlebt sie eine virtuelle Prüfungssituation. Der Prüfer schaut sie mit festem Blick an, legt seine Stirn in Falten und schüttelt leicht den Kopf. Sie weicht zurück, macht eine abwehrende Handbewegung. Schließlich reißt sie sich die Brille vom Kopf. „Das ist mir zu realistisch, ich kann das nicht!“
Virtuelle Realität löst echte Emotionen aus
Andreas Reaktion erscheint erstaunlich heftig, ist aber durchaus typisch – obwohl der Prüfer nur aus Bits und Bytes bestand. Es liegt nahe, eine Technologie in der Psychotherapie einzusetzen, die so leicht emotionale Reaktionen auslöst. Forschende beschäftigt der Einsatz von Virtual Reality in der Psychotherapie bereits seit Ende der 90er-Jahre. Die Studien bestätigen: Virtuelle Realität löst leicht echte Emotionen und auch echte Angst aus. Entscheidend für den Therapieerfolg bei Expositionen ist dabei: die virtuelle Umgebung gibt die relevanten Merkmale des angstauslösenden Reizes wieder (Diemer et. al., 2014), also zum Beispiel den Eindruck von Tiefe für einen Höhenangst-Patienten. Forschungsergebnisse zeigen, dass virtuelle Exposition (mindestens) genauso wirksam und nachhaltig sein kann wie Expositionen in-vivo, auch mit dem Einsatz günstiger Hardware (Emmelkamp & Powers, 2008, Emmelkamp et. al., 2002, Hinojo-Lucena et. at., 2020). Unter dem Strich gilt Virtual Reality als Alternative und Ergänzung zur Standardtherapie. Auch die S3 Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen von 2021 empfiehlt Virtual Reality als Behandlungsmethode bei spezifischen Phobien als begleitendes Therapie-Tool.
Ich möchte mit Ihnen zum Jahresende einen Blick in die Zukunft werfen: Wie wird Virtual Reality in Zukunft die Psychotherapie beeinflussen?
In meiner täglichen Arbeit sehe ich drei Entwicklungen.
Entwicklung #1: Virtual Reality kann Sie als Therapeut:innen nicht ersetzen, aber die Psychotherapie wirksam ergänzen.
Virtual Reality ermöglicht es, in der psychotherapeutischen Praxis realistische Situationen auf Knopfdruck herzustellen – und zwar genau so, wie Sie sie gerade brauchen: Autofahren bei Regen, durch Tunnel, in der Dunkelheit, auf der Autobahn, im Stau oder auf der Beifahrersituation. Das spart im Therapiealltag wertvolle Vorbereitungszeit bzw. ermöglicht Expositionen, sie sonst gar nicht möglich wären, wie zum Beispiel bei Flugangst.
Virtuell fühlt sich real an
Womit haben wir es hier technologisch zu tun? Virtual Reality (VR) steht für eine computergenerierte, interaktive Umgebung, die wir als scheinbare Wirklichkeit wahrnehmen. Um VR wahrzunehmen werden normalerweise VR-Brillen eingesetzt, durch die der/die Nutzer:in audio-visuelle Erfahrungen in der virtuellen Umwelt machen kann. Im Gegensatz dazu ist Augmented Reality (AR) eine Mischung aus der virtuellen und physischen Realität. Das geschieht beispielsweise über eine App, die auf dem Bildschirm die „echte“ Realität um virtuelle Realität erweitert und zusätzliche Elemente einblendet (Beispiel: Pokemon Go). Eine Virtual Reality-Brille schafft ein 360°-Sichtfeld und dem 3D-Eindruck. Dadurch tauchen Ihre Patient:innen schnell in die virtuelle Umgebung ein: Sie fühlen sich, als ob sie tatsächlich dort seien, auch wenn sie natürlich wissen, dass sie noch bei Ihnen in der Praxis sitzen.
„Ich arbeite mit einem neuen Tool, setze aber auf meine bewährten Verfahren“
Für Psychotherapeut:innen kann die Arbeit mit VR-Brille anfangs ungewohnt sein. „Die Patienten haben schließlich ein anderes Erleben als ich, da sie sich gefühlt in einer anderen Situation befinden“, berichtet Julia Stark. Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin aus Hamburg setzt Virtual Reality seit 2020 in ihrer Praxis ein. Virtual Reality-Anwendungen für die Psychotherapie ermöglichen es, am PC, Tablet oder auf einem anderen Bildschirm genau das zu sehen, was die Patienten sehen. Julia Stark hat sich daran schnell gewöhnt:
„Letztlich ist die therapeutische Begleitung bei virtuellen Expositionen nah an der Exposition in vivo. Ich arbeite zwar mit einem neuen Tool, setze aber ganz auf meine bewährten Methoden und Verfahren.“
Mit dem Einsatz der Virtual Reality-Brille ein konkretes Ziel verbinden:
Auch wenn es Ansätze und Forschung zu Patienten-gesteuerter, App-basierter Therapie mit Virtual Reality gibt:
Virtual Reality „macht“ keine Therapie und ich halte es für missverständlich, von Virtual Reality-Therapie zu sprechen. Eine VR-gestützte Psychotherapie sollte immer von entsprechend ausgebildeten Psychotherapeut:innen initiiert und begleitet werden. Der Psychologische Psychotherapeut Jens Röschmann nutzt Virtual Reality ebenfalls seit 2020 in seiner Praxis und drückt es so aus:
„Ich nehme aus der Stunde nichts weg, ich entziehe mich nicht der Arbeit mit dem Patienten weil er Virtual Reality nutzt. Denn ich verbinde ein konkretes Ziel mit dem Einsatz der VR-Brille und wir überprüfen, ob wir uns diesem Ziel mit dem Mittel VR auch nähern.“
Er schildert, dass Virtual Reality in das Gesamtkonzept der Behandlung einfließe. Er sei dabei natürlich auch immer transparent gegenüber den Patienten:
„Warum machen wir das, wie gehen wir vor und welches Ziel verfolgen wir damit? All das sprechen wir genau vorher ab.“
Ganz klar benennt Jens Röschmann den Unterschied zwischen einem VR-Spiel und Virtual Reality zum Einsatz in der Psychotherapie: „Virtual Reality ist natürlich keine Showveranstaltung!“ Tatsächlich lösen Spiele wie „Richie’s Plank Experience“ einen starken Effekt aus. Für die Arbeit mit Patient:innen sind jedoch speziell konzipierte virtuelle Umgebungen nötig, um den therapeutischen Prozesses sinnvoll zu unterstützen, angepasst auf das Thema, das bearbeitet werden soll.
Damit nehmen virtuelle Therapieszenarien die Rolle eines wirksamen Werkzeugs ein, das Psychotherapeut:innen effektiv unterstützen kann. Virtuelle Realität füllt als Mittelweg zwischen der Vorstellung und dem echten Erleben Lücken in der Angsthierarchie. Damit fungiert sie als Zwischenschritt und Vorbereitung für die Exposition in vivo. Für Sie als Therapeut:in sind die Abläufe genau planbar, Sie können entscheidende Szenen und Abläufe beliebig wiederholen und graduell steigern.
Entwicklung #2: Virtual Reality wird vielseitiger nutzbar
Eine alte IT-Regel besagt:
“Die Erfolgschancen neuer Technologien werden auf kurze Sicht eher überschätzt und auf lange Sicht unterschätzt.”
Auf Virtual Reality trifft das in hohem Maße zu:
Beim Blick in die Medien kann man das Gefühl bekommen, dass Virtual Reality sich in zahlreichen Lebensbereichen durchsetzt und unseren Alltag beeinflussen wird – was auch von Tech-Giganten wie Meta befeuert wird. Jede:r fünfte Deutsche nutzt Virtual Reality bereits Aber wie viele Menschen in Deutschland haben denn schon Erfahrung mit Virtual Reality? Nach einer Studie des Bundesverbands der Deutschen Informations und Telekommunikationsbranche (Bitkom) nutzt bereits jede:r Fünte Deutsche Virtual Reality. Die repräsentative Befragung zeigt, dass von Deutsche ab 16 Jahren Virtual Reality neben Unterhaltungszwecken auch für Fitness, Bildung oder beruflich einsetzen. Virtual Reality-Technologie wird immer massentauglicher und leichter nutzbar. Da begünstigt auch VR-Anwendungen im Gesundheitsbereich. So verbreitet sich Virtual Reality langsam im deutschen Gesundheitssystem, unter anderem in der Psychotherapie.
VR-Anwendung muss für den Therapiealltag geeignet und alltagspraktisch sein
Virtual Reality ist dabei nicht gleich Virtual Reality. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme und Funktionen. Um Therapiestunden optimal zu unterstützen, sind nach meiner Erfahrung vergleichsweise einfache technische Lösungen optimal: Sie sind ausreichend wirksam, um echte Angst auszulösen und Habituation zu erzeugen, einfach zu bedienen, schnell einzusetzen und die Hardware (die VR-Brillen) ist einfach sauber zu halten. „Lohnt sich denn die Anschaffung einer VR-Brille für meine Praxis?“ – eine häufig gestellte Frage. Um sie zu beantworten ist es wichtig sich anzuschauen, für welche Anwendungsmöglichkeiten Sie Virtual Reality einsetzen möchten.
5 Anwendungsmöglichkeiten von Virtual Reality in der Psychotherapie:
1. Virtuelle Expositionen bei spezifischen Phobien
Am häufigsten kommt Virtual Reality in der Praxis für virtuelle Expositionen zum Einsatz. Als besonders wirksam hat sich die VR-Brille bei Flugangst, Höhenangst, Spinnenp hobie und sozialen Phobien erwiesen. Auch Situationen, die für Dich in der Praxis aufwändig herzustellen oder sogar gefährlich sein können (wie zum Beispiel eine rasante Autobahnfahrt) lassen sich virtuell leicht und kontrolliert herstellen.
2. Imaginative Entspannungsverfahren mit Virtual Reality unterstützen
Bei Patienten, die kein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen haben, sich nur schwer konzentrieren und/oder entspannen oder beispielsweise unter Intrusionen leiden, bewirken wortgeleitete Anleitungen oft wenig. Die VR-Brille liefert hier unterstützende Umgebungen, die das Eintauchen erleichtern. In diesem Erfahrungsbericht schildert die Psychologische Psychotherapeutin Dr. Silvia Kratzer, wie sie Entspannungssequenzen bei Trauma-Patient:innen mit Hilfe von Virtual Reality unterstützt.
3. Virtual Reality für Suchtpatienten nutzen
In der Virtual Reality-Brille lassen sich auch Situationen herstellen, die die Verlockung eines Suchtmittels simulieren – wie zum Beispiel eine gemütliche Kneipensituation, die einen trockenen Alkoholiker ganz schön ins Schwitzen bringen kann. So können Sie mit dem Patienten den Umgang mit dem Verlangen simulieren und üben.
4. Fokussierungs-, Konzentrations- und Achtsamkeitsübungen für Kinder und Jugendliche
Gerade bei jungen Patient:innen weckt die VR-Brille große Motivation, Interesse und Neugier. Für Kinder ab etwa 10 Jahren lassen sich speziell konzipierte virtuelle Umgebungen mit sparsamen und gezielten Reizen sehr gut für Konzentrations- und Achtsamkeitsübungen nutzen und unterschiedliche Wahrnehmungskanäle ansprechen. Zum Einstieg in die Stunde erleichtern zum Beispiel virtuelle Alpakas oder Meerschweinchen das Gefühl von „Ruhe“ und „Ankommen“ oder bieten eine willkommene Belohnung zum Abschluss einer anstrengenden Stunde.
5. Virtuelle Reize bei Zwangsstörungen
Auch Zwangspatienten können Sie mit Hilfe einer VR-Brille in eine virtuelle Realität eintauchen lassen, die ihrer angstbesetzten Situation entspricht und im Alltag einen Zwang auslösen würde. Virtuell stellen Sie schnell und einfach Umgebungen wie verschmutzte Toiletten, Unordnung oder ähnliches in verschiedenen Schwierigkeitsstufen her.
Entwicklung #3: Virtual Reality einzusetzen wird immer einfacher.
Die technische Entwicklung arbeitet für Sie: Mittlerweile gibt es Virtual Reality-Anwendungen, die Sie ohne Vorkenntnisse und mit kurzer Einarbeitung im Therapiealltag nutzen können.
Das brauchen Sie, wenn Sie Virtual Reality in Ihrer Therapiepraxis nutzen möchten:
Virtual Reality in der psychotherapeutischen Praxis einzusetzen erfordert, sich mit der Technik vertraut zu machen und die Grundlagen der Forschung und Praxisanwendung kennenzulernen. Dafür braucht es einerseits die erforderliche Hardware (vor allem eine passende VR-Brille) und Software (virtuelle Umgebungen) und andererseits etwas Freude und Offenheit für neue technische Tools. Auch wenn Sie vorher nie eine VR-Brille genutzt haben, können Sie in einem halben Tag alles lernen, was Sie wissen müssen. Virtual Reality in der psychotherapeutischen Praxis einsetzen erfordert aber natürlich, sich mit der Technik vertraut zu machen und die Grundlagen der Forschung und Praxisanwendung kennen zu lernen. Kurzfristig bedeutet das: Interessierte Therapeut:innen müssen bereit sein, Geld für die Hardware und geeignete VR-Inhalte in die Hand zu nehmen und Zeit für die eigene Fortbildung investieren. Diese drei Punkte spielen nach meiner Erfahrung zusammen und ergänzen sich.
Mehr Gestaltungsfreiheit und Erfolgserlebnisse mit Virtual Reality
Wir von VirtuallyThere haben kürzlich Psychotherapeut:innen befragt, die Virtual Reality in ihrer Therapiepraxis nutzen. Denn wir wollten wissen: Was ist der wichtigste Vorteil, den ihnen dieses Werkzeug bringt? Das Ergebnis: Zeitersparnis und schnellere Erfolgserlebnisse. Virtuelle Therapieszenarien erlauben es ihnen, ohne (unbezahlte) Vorbereitungszeit realistische Situationen herzustellen und ganz gezielt und kontrolliert mit Ihren Patient:innen zu arbeiten. Das erleben Therapeut:innen als Gestaltungsfreiheit, sie empfinden selbst wieder mehr Spaß an ihrer Arbeit, wie Dr. Nicole Schlosser es in diesem Erfahrungsbericht beschreibt– gerade in Phasen mit hoher Arbeitsbelastung ein wertvoller Vorteil.
Virtual Reality einzusetzen bringt folgende Vorteile:
- Erfolgsergebnisse ohne Vorbereitungsaufwand: Sie nutzen Ihre wertvolle Arbeitszeit dort, wo sie gebraucht wird: mit Ihren Patient:innen. Anstatt Ihre Zeit mit Recherche, Vorbereitung und Anreise zu verbringen, entlasten Sie sich organisatorisch und können direkt und gezielt mit den Situationen arbeiten, die Sie brauchen.
- Unabhängig von äußeren Faktoren: Sie können praktische Übungen mit Patient:innen durchführen – ungeachtet äußerer Umstände und ob Übungen draußen möglich sind oder nicht führen Sie hygienisch und diskret praktische Übungen durch, auch im Rahmen von Videotherapie.
- Geringere Hemmschwelle: Gerade sehr ängstliche Patient:innen lassen sich mit Virtual Reality einfacher zur Konfrontation motivieren (Wechsler, Kümpers & Mühlberger 2019). Das Angebot der VR-Brille ist auch darüber hinaus ein hervorragender „Eisbrecher“.
- Unterstützung in der Diagnostik: Virtual Reality erleichtert die Problemaktualisierung erheblich und macht emotionale Reaktionen direkt erlebbar.
- Sie machen Patient:innen neugierig und bilden ihre Lebenswelt ab: Das Angebot für den Bereich Psychotherapie und mentale Gesundheit ist eines der am stärksten entwickelten Segmente im Bereich der digitalen Gesundheitsversorgung. Entsprechende Angebot werden von Patient:innen erfahrungsgemäß sehr gut angenommen: sie bilden die Lebenswirklichkeit der Gesellschaft ab und machen neugierig.
- Zukunftsfähigkeit für Ihre Einrichtung: Im Bereich der stationären Versorgung entwickelt sich Virtual Reality zum Entscheidungskriterium für die Wahl einer Klinik, wie beispielsweise die Nexus-Klinik Baden-Baden aufzeigt.
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