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Erfahrungsbericht: “Virtual Reality bringt echtes Erleben in die Therapiestunde”

Ich habe den Virtual Reality-erfahrenen Psychologischen Psychotherapeuten Jens Röschmann interviewt. Wir haben darüber gesprochen, wie auch schon einfache Virtual Reality-Simulationen erstaunlich zielgerichtet Emotionen triggern können, wie genau Jens vorgeht, wenn der die VR-Brille mit Patienten einsetzt und wie diese Technologie Teil eines Therapiekonzepts wird.

Beitragsübersicht

„Ich habe am eigenen Körper gespürt, wie Virtual Reality wirkt“

Zum Ende unseres Gesprächs wünsche ich Jens weiterhin viel Freude und Erfolg mit Virtual Reality. Sein Gesicht erstrahlt förmlich: „Das werde ich auf jeden Fall haben!“ 

 

Aber fangen wir am Anfang an: Jens Röschmann ist Psychologischer Psychotherapeut und als Verhaltenstherapeut niedergelassen in Marktredwitz und Berlin. Seit Anfang 2020 setzt er Virtual Reality in seiner Therapiepraxis ein, wobei er viele Patienten mit Angststörungen und sozialen Phobien behandelt. Zum ersten Mal kam Jens mit Virtual Reality in Berührung, als er im Rahmen seiner Ausbildung in einer Klinik arbeitete und ihn seine eigene Höhenangst beschäftigte. Er nahm an einer Demo einer Virtual Reality-Brille teil und erlebte darin eine virtuelle Achterbahnfahrt. „Das war eine lustige und lockere Atmosphäre mit Kollegen“, erzählt Jens lächelnd. „Ich bin in dieser virtuellen Realität Kurven und Loopings gefahren. Plötzlichen waren die Schienen weg! Ich schrie und meine Kollegen lachten.“ Vom Verstand her sei ihm natürlich klar gewesen, dass er sich in einer künstlichen Welt befindet, aber der Schreckmoment und die Angst fühlten sich für ihn diesem Moment sehr real an. Er sagt: „Ich dachte mir direkt, dass sich diese Technologie sehr gut für Expositionen eignet.“ Damals seien die technischen Systeme aber noch sehr komplex, teuer und für die Therapiepraxis noch nicht so alltagstauglich gewesen.

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Er sei sehr beeindruckt gewesen und habe Virtual Reality im nächsten Schritt mit Patienten ausprobiert.

Junger Mann trägt eine VR Brille

Der Gedanke ließ ihn aber nicht los. Als er – inzwischen approbierter Psychologischer Psychotherapeut in eigener Praxis – auf praktikablere Möglichkeiten stieß, Virtual Reality zu nutzen, entschloss er sich dazu an unserem Online-Kurs teilzunehmen. Jens probierte weitere virtuelle Höhen-Expositionen aus und schildert seine eigene Erfahrung: „Für mich persönlich ist es der Horror, in einer Gondel zu sitzen! Da habe ich wirklich am eigenen Körper gespürt, wie Virtual Reality auf mich selbst wirkt.“ Ihm wurde schwindelig und er spürte eine echte Angstreaktion. Er sei sehr beeindruckt gewesen und habe Virtual Reality im nächsten Schritt mit Patienten ausprobiert.

Jens Röschmann setzt in seiner verhaltenstherapeutischen Praxis seit Anfang 2020 Virtual Reality ein, um Angstpatienten zu unterstützen

Jens berichtet, dass er mit Virtual Reality sehr gute Erfahrungen bei Patienten mit Sozialphobien macht. Sozialphobien seien ja oft schwer greifbar. „Wenn sich eine virtuelle Person in der Simulation nähert löst das tatsächlich unangenehme Gefühle und auch physiologische Reaktionen aus, mit denen ich dann arbeiten kann.“ Oft erlebe er, dass die Patienten sehr gut vorbereitet sind und ihm erzählen, was sie sich vorstellen und was passieren wird – oft auch distanziert von ihrem eigenen Erleben. Um dieses Erleben und die damit verbundenen Gefühle in die Therapiestunde zu bringen, seien realistische, virtuelle Umgebungen sehr hilfreich.

 

Virtual Reality biete ihm die Möglichkeit, Kontextbedingungen zu beeinflussen und alltagsnahe Situationen genau so herzustellen, wie er sie in diesem Moment für den Patienten benötigt. Er berichtet: „Ich hatte zum Beispiel einen Patienten, der große Probleme beim Einkaufen hatte und dabei, andere Menschen anzuschauen. Schon nach einigen VR-gestützten Sitzungen hatte sich sein Erleben deutlich verbessert, er konnte wieder raus und unter Menschen gehen.“ Patienten erleben also echte Angst und auch Habituation in der virtuellen Realität.

„Ein Instrument, um Emotionen zielgerichtet zu triggern“

Jens erzählt weiter: „Virtual Reality hilft tatsächlich, die Anspannung und Ängste durch Angesprochen werden und Nähe zu simulieren und nach und nach abzubauen.“ Alleine das Angeschaut-werden im Video erzeuge eine erstaunliche Wirkung: „Patienten berichten, dass sie die Simulation als wirklich realistisch erleben.“ In den VR-Videos zum Thema Sozialphobien aus unserer Mediathek findet zwar kaum Sprache und keine Interaktivität statt, und trotzdem ist die Unterstützung mit der VR-Brille nach Jens‘ Erfahrung eine sehr hilfreiche Näherung. „Bilder von außen verstärken innere Bilder, das Erleben wird sehr lebendig. Das bereichert meine Arbeit sehr und ist ein Instrument, um Emotionen zielgerichtet zu triggern,“ schildert er. Er beobachte dann genau, wie ein Patient reagiert, wenn ihm zum Beispiel die virtuelle „Person“ zu nahe kommt oder er sich durch eine Menschenmenge bewegt. Als Therapeut kann er dabei genau kontrollieren, welche Reize er dem Patienten aussetzt: „Ich erlebe den Patienten ganz direkt, wie er reagiert und kann die Reize genau dosieren,“ so Jens, der die VR-Videos genau auswählt und sich jedes Video vorab selbst anschaut.

 

 

Jens betrachtet die VR-Brille als Instrument, das ihm Exposition erleichtert, als Zwischenschritt zwischen der Arbeit in sensu und in vivo. Nach Jens‘ Erfahrung sind die Erfahrungen in virtueller Realität sehr gut in die echte Welt übertragbar. Und nicht zuletzt erlebt er eine höhere Bereitschaft der Patienten, sich danach auf eine Exposition in Virtual Reality einzulassen. „Das löst wirklich Erleben und eine Veränderung in den Patienten aus – sie fühlen sich besser vorbereitet, sich danach in die echte Realität zu wagen,“ berichtet er. Diese Übertragbarkeit kann aber auch anders herum funktionieren: „Ich hatte mal einen Patienten, der durch ein VR-Spiel Höhenangst entwickelt hat!“ erzählt Jens.

Erleben in die Therapiestunde bringen

In der therapeutischen Praxis laufen virtuelle Expositionen nach seiner Erfahrung recht ähnlich ab wie Expositionen in vivo. Ich frage ihn, wie genau er vorgeht, wenn er die Virtual Reality-Brille einsetzt. Jens berichtet, dass er immer mit entspannenden Situationen beginnt. „Ich möchte den Patienten mit der Brille vertraut machen und einschätzen, wie er reagieren wird wenn er mit einem Trigger konfrontiert wird“, sagt er. Jens leitet die Patienten während der Simulation mit Worten an, damit sie wirklich in die Situation eintauchen. Damit er genau weiß, was die Patient:innen gerade sehen, verfolgt er das VR-Video parallel am PC. Manchmal setzt er auch zusätzliche Reize wie zum Beispiel einen Ventilator ein, um das Eintauchen in eine Situation noch zu verstärken. Er sagt: „Die Patienten wissen zwar, sie tragen eine VR-Brille, aber sie spüren, dass mit ihrer Wahrnehmung und mit ihrem Körper etwas passiert. Das ist etwas anderes als eine Vorstellung, sondern sie erleben es in diesem Moment“.

 

 

Gerade Smartphone-basierte Virtual Reality-Anwendungen seien schnell und einfach einsetzbar. „Anfangs dachte ich immer, man muss eine höhere Auflösung haben und technisch hochgerüstet sein,“ sagt Jens. Er habe aber schnell gelernt, dass die gewünschte Wirkung beim Patienten auch eintritt, wenn es pixelig ist.

Virtual Reality ist keine Show, sondern Teil eines Therapiekonzepts

Wichtig ist Jens zu betonen: „Ich nehme aus der Stunde nichts weg, ich entziehe mich nicht der Arbeit mit dem Patienten weil er ein Video schaut. Denn ich verbinde ein Ziel mit dem Einsatz der VR-Brille und wir überprüfen, ob wir uns diesem Ziel mit dem Mittel VR auch nähern.“ Er schildert, dass Virtual Reality in das Gesamtkonzept der Behandlung einfließe. Er sei dabei natürlich auch immer transparent gegenüber den Patienten: „Warum machen wir das, wie gehen wir vor und welches Ziel verfolgen wir damit? All das sprechen wir genau vorher ab.“ Das Angebot, die Brille einzusetzen sei natürlich nie ein Muss, sondern eine Einladung an den Patienten. Ganz klar benennt Jens den Unterschied zwischen einem VR-Spiel und Virtual Reality zum Einsatz in der Psychotherapie: „Virtual Reality ist keine Showveranstaltung! Ich tue das nicht um des Effektes willen, um mal zu schauen was passiert.“ Spiele wie „Richie’s Plank Experience“ lösten zwar einen starken Effekt aus (Jens: „Das ist schon eine tolle Erfahrung!“). Aber für die Arbeit mit Patient:innen brauche es speziell konzipierte virtuelle Umgebungen für eine sinnvolle Unterstützung des therapeutischen Prozesses, angepasst auf das Thema das bearbeitet werden soll.

Virtual Reality kann auch Entspannungsübungen effektiv unterstützen

VR Unter Wasser

Virtuelle Umgebungen geben dem Nutzer schnell das Gefühl, tatsächlich in dieser Situation zu sein

 

Inzwischen setzt Jens Virtual Reality nicht mehr nur für Expositionen ein, sondern häufig auch für Entspannungsübungen. „Viele Patienten sind ja im Wartezimmer sofort am Smartphone. Um die Patienten vor der Therapiestunde gedanklich in eine andere Richtung und in ihre Ressourcen bringen – das ist ja ein wichtiger Erfolgsfaktor der Therapie – setze ich die VR-Brille bereits vorbereitend im Wartezimmer ein.“ Nach Abstimmung kommen die Patienten dann 10 Minuten früher und machen zum Beispiel einen virtuellen Waldspaziergang oder beobachten eine Töpferin an der Drehscheibe bei ihrer Arbeit. Ein Patient, der Imker ist, freue sich über das beruhigende Summen eines virtuellen Bienenstocks. „Wir bauen das gezielt in den Therapieablauf ein und wählen das VR-Video vorab gemeinsam aus“, erläutert Jens. Er nutzt Virtual Reality auch als Ausleitung einer anstrengenden Doppelstunde, eventuell ergänzt durch eine wortgeleitete Entspannung, die auf den Patienten angepasst ist.

 

„Virtual Reality induziert echtes emotionales Erleben“

Ich frage Jens abschließend, welche Bedeutung die Arbeit mit Virtual Reality für ihn hat. „Ich kann Expositionen freier gestalten und sie gelingen besser, gerade auch in Covid-Zeiten wenn die Möglichkeiten für Übungen draußen begrenzt sind. Die Vorbereitung ist einfacher und der Übergang in die Realität leichter. Ich kann meine Patienten einfacher ins Erleben bringen,“ fasst Jens zusammen. „Wenn ich etwas verändern möchte brauche ich emotionales Erleben, und das kann ich mit diesem einfachen Mittel Virtual Reality einsetzen – und das löst enorm etwas aus bei den Patienten.“

 

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